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1. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 498

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
498 20. Slsmus Jacob Carstens, der Maler. Asmus Carstens wurde im Jahre 1754 am 10. Mai zu Sanct Jürgen, einem kleinen Dorfe nahe bei Schleswig, wo sein Vater Müller war, geboren. Seine Mutter war die Tochter eines Advocaten in Schleswig und hatte in ihrer Jugend eine vorzügliche Erziehung erhalten, welche sie in den Stand setzte, ihre Kinder besser zu erziehen, als sonst unter den Dorfbewohnern damaliger Zeit zu geschehen pflegte. Asmus ging bis in sein neuntes Jahr, wo sein Vater starb, in die Schule seines Heimatdorfes und wurde dann von seiner sorgsamen Mutter in die Domschule des nahen Schleswig geschickt. Mittags sollte er bei einem Ver- wandten in der Stadt speisen, aber das gefiel ihm nicht, und er bat seine Mutter, ihm täglich sein Mittagsessen, Butterbrot und Obst, mitzugeben, welches er dann meistens in der nahen ofienen Domkirche verzehrte. Bald ward der Dom wäh- rend seiner freien Mittagsstunden sein Lieblingsaufenthalt. Hier sah er schöne Gemälde von dem Maler Jurian Ovens aus Tönning, die ihn bald so fesselten, daß er, während seine Kameraden auf dem Kirchhofe spielten, mit seinem Butter- brot in den Dom schlich und über Stühle und Bänke hinwegkletterte, um die wundersamen Gemälde in der Nähe zu schauen. Da vergaß er denn alles um sich her; ein heißer Wunsch, auch einmal so etwas machen zu können, erfüllte ihn, und oft betete er mit inniger Sehnsucht, Gott möge ihm die Gnade verleihen, daß er auch einst zu seiner Ehre so herrliche Bilder malen könne. So erwachte in ihm zuerst der Hang zur Kunst und er begann, alle Gegenstände, die ihm vor- kamen , am liebsten aber Gesichter zu zeichnen. Alle Leute, die ihm nahe kamen, mußten ihm sitzen, und meistens gelangen seine Nachahmungen so kenntlich, daß er bald unter den Leuten im Dorfe, die dergleichen niemals gesehen hatten, ein großes Aufsehen mit seiner Kunst erregte. In der Schule aber stand es dafür desto schlechter mit seinem Ruhme. Sein Geist war gewöhnlich abwesend entweder im Dom bei Jurian Oven's Gemälden oder zu Hause bei seinen Farbenmuscheln. Er lernte nie rechnen, und der Rechen- meister fand öfter Gesichter und Figuren, als Zahlen auf seiner Tafel. Er wußte unter den Lernenden immer am wenigsten, und weder Scheltworte noch Drohungen vermochten ihn aus seiner anscheinenden Geistesträgheit aufzurütteln, so daß die Lehrer ihn für einen erzdummen Jungen hielten. So verließ Carstens mit 16 Jah- ren die Schule so unwissend, daß er in der Folge wenig oder nichts von dem dort Gelernten zu vergessen hatte. Seine Rückkehr in's elterliche Haus war von dem festen Entschlüsse begleitet ein Maler zu werden, und seine treffliche Mutter willigte gern in sein Verlangen und wollte ihn bei einem berühmten Maler Tischbein aus Kassel ausbilden lassen. Dieser aber verlangte, daß er während der ersten Jahre zugleich die Stelle eines Bedienten vertreten und hinter der Kutsche stehen solle, wenn er ausfahre. Das wollte Asmus nicht, und deshalb zerschlugen sich die Unterhandlungen. Ehe aber seine Mutter einen andern Lehrer gefunden hatte, starb sie und ließ ihre Kinder als Waisen zurück. Die Mühle ward verkauft, und den Kindern, die das väter- liche Haus verlassen mußten, wurden Vormünder gesetzt. Diese wollten nun nicht zugeben, daß ihr Mündel sich einer nach ihrer Meinung so brotlosen und unnützen

2. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 58

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
58 105. %vcuc einer Magd. Sie heißt la Blonde und diente 23 Jahre bei ihrer Herrschaft und hätte länger bei derselben gedient, wenn die Meistersleute länger gelebt hätten. Lange Jahre ging es bei dem Pelzhändler M. zu Paris nach dem Schnürlein, und la Blonde bekam die guten Tage der Herrschaft auch zu spüren und konnte in dieser Zeit 350 Thaler Spargelb auf die Seite legen. Aber nun wandte sich das Blättlein. Der Pelzhändler machte Bankerott und gerieth in die bitterste Armuth. Da hätte eine andere Magd gedacht: „Ja, da bin ich kein Narr. Hat das Glück meine Herrschaft verlassen, werd' ich auch um eine andere mich umsehen dürfen." Nicht so la Blonde. Am guten Tage war sie guter Dinge gewesen, und den bösen nahm sie jetzt auch für gut und blieb, selbst als ihr die Frau sagte, daß sie in ihren be- trübten Umständen auf keinen Lohn rechnen könne. Kummer und Sorge nagten an des Pelzhändlers Leben; in Jahresfrist starb er und hinterließ nichts als eine kränkliche Frau und zwei Waislcin, und einen Edelstein — das war die Magd. Da la Blonde der kranken Frau und der Kindlein pflegen mußte, wurde nichts verdient, sondern nur gebraucht, und als die Pelzhändlerin alles Entbehrliche verkauft hatte, brach la Blonde ihr Spar- geld an und holte nach und nach davon, bis das auch aufgebraucht war. Zum Glück starb zu dieser Zeit eine Base der Magd und hinterließ ihr ein Erbe, das jährlich seine 50 Thaler trug. Auch die gab la Blonde hin, und als auch das in dem theuren Paris nicht lange herhielt, verkaufte sie Kleider und andere Sachen von Werth, und zuletzt suchte sie als Krankcn- wärterin die Nächte über etwas zu verdieneu, während sie am Tage der kranken Frau pflegte. Als diese starb, wollte man die armen Kinder in ein Spital aufnehmen; aber la Blonde erklärte: „So lange ich lebe, sollen die beiden Kinder an mir eine Mutter haben." Schon wollte sic mit den Waislcin nach ihrem Geburtsort Rüel aufbrechen, weil sic dort billiger durchzukommen hoffte, da ruft sie eines Tages ein kinderloser, wohlhabender Zuckerbäcker und spricht; „Hört, la Blonde, Ihr braucht nicht fortzu- ziehen ; ich brauche in meinen alten Tagen eine rechtschaffene Haushälterin. Da hab' ich gedacht, Ihr zieht mit den beiden Waislcin zu mir, dann haben sie einen Vater und eine Mutter, und ich habe eine Haushälterin; so ist allen geholfen." Mit Freuden willigte die treue Seele ein, und ihr Ende war lieblich und sanft wie das Abendroth nach einem schönen Tage, und ich denke, sie werde auch weit oben rechts zu erfragen sein am Tage der Vergeltung. O 106. ver Wegweiser. 1. Weiszt, wo der Weg; zum mit Pflug und Karst durch’s Weizen- Mehlfaszgeht, seid, zum vollen Fasz? Im Morgen- bis Stern an Stern am Himmel roth steht.

3. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 69

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
69 118. Herzog Leopold von Braimschweig. Im Frühjahr 1785 trat die Oder bei Frankfurt aus ihren Ufern und überschwemmte und verwüstete alles weit und breit. Der Her- zog Leopold von Braunschweig, welcher damals mit seinem Regi- ment in der Stadt lag, befahl seinen Leuten, Hand anzulegen und einen Damm, welcher das Wasser aufhielt, zu durchbrechen; ja er selbst arbeitete dabei, dasz ihm der Schweisz auf dem Angesicht stand. Er liesz Kähne abgehen, um die Bedrängten zu retten, und wollte selbst-ein solches Fahrzeug besteigen, wurde aber, weil eben die Flut den Damm durchbrach, von den Seinigen zurückgehalten. Die Wogen schäumten hoch ; die Bogen der Brücke stürzten ein ; Häuser wurden weggerissen, Bäume entwurzelt; Jammer und Ge- winsel, Heulen, Wehklagen, Noth und Verzweiflung herrschten überall. Der Prinz hatte sich wieder auf sein Zimmer begeben, weil es seinem edlen Herzen unerträglich war, die Noth zu sehen und nicht helfen zu können. Da stürzte eine Frau in sein Zimmer, bittend, flehend, dasz er einen Kahn für ihre Kinder schaffen möchte. Leopold wuszte nicht zu helfen, aber er eilte hin. 0 Himmel, welch ein Anblick ! Hier schwamm eine Hütte mit ihren Bewohnern fort; dort rang ein Sterbender mit der alles verschlingenden Flut; da reckte ein Greis die Arme um Hilfe aus den Wellen empor. Bis zum Himmel schallte das Jammergeschrei, und das Geheul der Sin- kenden, das Winseln der Fliehenden mischte sich in das Tosen der Wogen. Ueberall Noth, überall Verderben und Untergang; in tausend gräszlichen Gestalten wüthete der Tod. Und der Herzog sieht’s mit Schaudern : „Will denn,“ ruft er, „niemand helfen? So will ich es denn versuchen! Ich bin ein Mensch, wie sie; ich bin schuldig, sie zu retten ; ich vertraue Gott!“ — Er ruft’s und springt in einen Kahn ; ein alter Schiffer ergreift das Ruder; keiner spricht ein Wort. Schon sind sie dem Lande nahe, als ein schwimmender Weidenbaum den Kahn am Vordertheile faszt, ihn umwirft und den Prinzen mit dem Schiffer in den Fluten begräbt. Nach einer halben Stunde war der Schiffer gerettet, den Prinzen aber sah man nicht wieder. 119. Rittmeister Kurzhagerr. In dem Regimenfe des berühmten, von Friedrich dem Großen hoch- geehrten Generals von Ziethen stand auch ein Rittmeister, mit Namen Kurz- hagen. Er war klug, tapfer und hatte ein kindliches Gemüth. Seine Eltern waren arme Landleute im Mecklenburgischen. Mit dem Verdienst- orden auf der Brust rückte er nach Beendigung des siebenjährigen Krieges in Parchim ein. Die Eltern waren von ihrem Dörfchen nach der Stadt gekommen, um ihren Sohn nach Jahren wiederzusehen, und erwarteten ihn auf dem Markte. Als er sie erkannte, sprang er rasch vom Pferde und

4. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 47

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
47 im preußischen Lager begegnet war. Gerührt und lächelnd über das große und gute Herz des preußischen Soldatenkindes, schenkte ihm der feindliche Heerführer zwei Goldstücke und gab ihm einen Wegweiser mit, der ihn durch's französtsche Heer begleiten sollte, bis er in völliger Sicherheit sei. Glücklich und wohlbehalten kam der Knabe endlich in seiner Heimat wieder an und verwandelte die Thränen der Betrübniß, die seine Mutter bisher über ihren Sohn geweint hatte, in Thränen der Freude. Er bat sie wegen seiner heimlichen Entweichung um Verzeihung, sagte ihr zur Entschuldigung derselben das, was die Leser schon wissen, und überlieferte die Geschenke, die er vom Hauptmann seines Vaters und vom Heerführer der Feinde empfangen hatte, getreulich in ihre Hände. 90. Der Winter. Der Winter beginnt im Monat December. Jetzt sind die Tage am kürzesten, und die Nächte am längsten. Die Erde ruht aus und sammelt neue Kräfte für den Frühling. Sie hat ihr buntes Kleid abgelegt und ein weiszes dafür angezogen. Man sieht kein Blümchen mehr und hört keinen Vogel singen. Die Luft wird mit jedem Tage kälter. Wir müssen uns daher in wärmere Kleider hüllen und die Stuben heizen. Berg und Thal sind mit Schnee be- deckt, und das Wasser ist mit einer festen Eisdecke überzogen. Doch ist auch der Winter schön. Die Kinder bauen Schneemänner und gleiten auf Schlitten die Hügel hinab. Auf dem Eise tummeln sich die Schlittschuhläufer. Am meisten aber freuen wir uns auf das herrliche Weihnachtsfest. Da glänzen die Lichter an dem schönen Christbaume, und die Kinder freuen sich in der warmen Stube an den Gaben, die das Christkind ihnen gebracht hat. 91. Die Rettung. Zwei Mädchen gehen an einem Wintertage in ein benachbartes Dorf, wo die Pathe wohnt. Sie nehmen ihre Spinnrocken mit, weil sie dort spinnen wollen. Am Abend machen sie sich bei Zeiten wieder auf den Rück- weg. Als sie nun auf der Höhe im Tannenwalde sind, fängt es heftig an zu schneien und zu stürmen, so daß die Kinder gar keinen Weg mehr sehen und nicht vorwärts noch rückwärts können. Da kriechen sie am Rande eines Hohlweges in eine kleine Höhle hinein, welche der Schnee über ein Tannengebüsch hinweg gewölbt hat; vorher aber stecken sie ihre beiden Spinn- rocken in einander, so daß eine Stange daraus wird; dann binden sie oben ein rothes Schnupftüchlein daran und steilen dieses Nothzeichen aus das Dach ihres Schneehäusleins oben auf. Nun kommt die Nacht, und das Schneegestöber wird immer ärger. Der Eingang zur Höhle, in welcher die Kinder sind, ist zugeschneit, und sie hören durch den Schnee hindurch den Uhu schreien und den Sturm heulen. O, wie ist es den armen Kindern

5. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 113

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
113 darin geworden, und sie eilt mit den Kindern hinaus unter Gottes freien Himmel und der Heimat zu. Mit nassen Augen kommt sie zum Vater. Der hatte heute noch mehr gearbeitet als sonst, weil die Mutter um der Kinder willen diesen Nachmittag nicht gearbeitet hatte und er nun für die Mutter mit- arbeiten wollte. Sie erzählt ihm, daß es ihr auf dem Markte so traurig zu Muthe gewesen sei. Er aber ist gar nicht traurig und sagt: „Wir haben wohl nichts zu essen als schwarzes Brot und Kartoffeln; aber wir sind doch dabei sammt unsern Kindern gesund, und an Kleidung hat Gott es uns auch noch nicht fehlen lasten. Und das Beste haben wir umsonst, nämlich Gottes Wort, und wenn wir beten und in den Wegen Gottes wandeln, so haben wir allezeit einen gnädigen Gott." Da wurde die Mutter fröhlich, und als Eltern und Kinder sich zum Abendbrot niedergesetzt und das Tischgebet gesprochen hatten, da schmeckte ihnen das Schwarzbrot zu der Milch von ihren beiden Ziegen eben so schön, als wäre es Honigkuchen und Semmel. 173. Gott grüßt manchen, der ihm nicht dankt. „Gott grüßt manchen, der ihm nicht dankt." Zum Beispiel, wenn dich früh die Sonne zu einem neuen kräftigen Leben weckt, so bietet er dir: „Guten Morgen." Wenn sich abends dein Auge zum erquicklichen Schlummer schließet: „Gute Nacht." Wenn du mit gesundem Appetit dich zur Mahlzeit setzest, so sagt er: „Wohl bekomm's." Wenn du eine Gefahr noch zur rechten Zeit entdeckst, so sagt er: „Nimm dich in Acht, junges Kind, oder altes Kind, und kehre lieber wieder um." Wenn du am schönen Maitag im Blütenduft und Lerchengesang spazie- ren gehst, und es ist dir wohl, sagt er: „Sei willkommen in meinem Schloßgarten." Oder du denkst an nichts, und es wird dir auf einmal wunderlich im Herzen und naß in den Augen, und denkst, ich will doch anders werden, als ich bin, so sagt er: „Merkst du, wer bei dir ist?" Oder du gehst an einem offenen Grab vorbei und es schaudert dich, so denkt er just nicht daran, daß du lutherisch oder reformiert bist, und sagt: „Gelobt sei Zesus Christ!" Also grüßt Gott manchen, der ihm nicht antwortet und nicht dankt. ' 176. Drei Rechtsfälle. i. Der Pächter eines Ackers stößt beim Pflügen mit dem Pflug auf etwas Hartes, halt still, grabt auf — einen Grapen voll Silbergctv. Der Pächter bietet diesen Fund dem Verpächter an, weil er ja zum Kornbau und nicht zum Schatzhcbcn den Acker gepachtet habe; der Verpächter da- Baterlündisch.s Lesebuch. c

6. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 115

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
115 177. Billigkeit im Recht. In allen Sachen, sagt Dr. Martinluther, soll man mehr sehen auf die Billigkeit, denn auf gestreng und scharf Recht. Also sagt St. Jacob in seiner Epistel: „Barmherzigkeit erhebt das Gericht.“ (Cap. 2, 13. Die Barmherzigkeit rühmet sich wider das Gericht.) Darum soll man die Billigkeit ansehen und darnach richten, welche das Recht und die Zucht nicht los macht, noch bricht und aufhebt, sondern dieselbe auslegt und lindert nach Ge- legenheit der Umstände, — denn Umstände verändern die Sache, — vornehmlich in den Fällen, davon das Recht insonderheit nichts redet. Doch soll man gleichwohl in solcher Milderung Fleisz zu- setzen , dasz unter solchem Scheine der Billigkeit nicht wider Recht etwas gehandelt werde. Der Richter ist der Vertheile!’, aber nicht der Verthuer des Rechts. Darum soll man mit groszer Vorsichtig- keit und Gottesfurcht und unter fleisziger Anrufung Gottes, unsers Heilands, handeln, nicht unbedächtig und plötzlich bald heraus- fahren und sagen: „Das ist billig und recht“, wie junge, unerfahrene Leute pflegen. Und in den Artikeln des Glaubens und in Gottes Wort, da soll man weder zur Rechten noch zur Linken weichen. 178 Sprichwörter Au Gottes Segen ist alles gelegen. Fromm ans Zwang wahrt nicht lang'. Die Alten zum Rath, die Jungen zur That. Rein und ganz giebt schlechtem Kleide Glanz. Müssiggang ist aller Laster Anfang. Je großer Roth, je näher Gott. Der Horcher an der Wand hört seine eigne Schand'. Gebrauchter Pflug blinkt, stehend Wasser stinkt. Es ist vergeblich, einen Mohren weiß waschen zu wollen. In Wein und Bier ertrinken mehr denn im Wasser. E i n Sperling in der Hand ist besser als zehn auf dem Dache. Der Grapen straft den Kessel, daß er russig ist. Was ein guter Haken werden will, krümmt sich bei Zeiten. Hochmuth kommt vor dem Fall. Wohlschmack bringt Bettelsack. 179. Uralt des Wortes Gottes. In einem Dorfe Vorpommerns starb vor einigen Jahren ein alter Bauersmann, der seine letzten Jahre in dem Hause einer seiner verheiratheten Töchter zugebracht hatte. Gering war die Verlassen- schaft des armen Mannes, aber sie reichte hin, um in den Herzen der beiden Eheleute die Habsucht und den Neid eben so rege zu machen, als ob es sich um Tausende gehandelt hätte. Nur kärglich war ihnen das tägliche Brot zugemessen ; um so lockender war darum die Gelegenheit, von den wenigen Habseligkeiten des Alten S-*'

7. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 7

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
daß es mir inwendig den Mund ganz kraus ziehet. O, pfui der bösen, häßlichen Blumen!" So sagte das Mägdlein. Aber die Mutter antwortete und sprach : „Mein liebes Kind, warum schmähest du die Blümchen? Sie sind doch noch immer so schön von Gestalt und Geruch; ist das nicht viel und genug? Man ißt ja auch die Blümchen nicht." 11. Der Staar. Der alte Jäger Moritz hatte in seiner Stube einen abgerichteten Staar, der einige Worte sprechen konnte. Wenn zum Beispiel der Jäger rief: „Stärlein, wo bist du?" so schrie der Staar allemal : „Da bin ich." Des Nachbars kleiner Karl hatte an dem Vogel eine ganz be- sondere Freude und machte ihm öfters einen Besuch. Als Karl wieder einmal kam, war der Jäger eben nicht in der Stube. Karl fing ge- schwind den Vogel, steckte ihn in die Tasche und wollte sich damit fortschleichen. Allein in dem Augenblicke kam der Jäger zur Thüre herein. Er dachte dem Knaben eine Freude zu machen und rief wie gewöhnlich: „Stärlein, wo bist du?" — Und der Vogel in der Tasche des Knaben schrie, so laut er konnte: „Da An ich!" 12. Das Kätzchen und die Stricknadeln. (M ä r c h e n.) Es war einmal eine arme Frau, die in den Wald ging-, um Holz zu lesen. Als sie mit ihrem Bündel auf dem Rückwege war, sah sie ein krankes Kätzchen hinter einem Zaune liegen, das kläglich schrie. Die arme Frau nahm es mitleidig in ihre Schürze und trug es nach Hause. Auf dem Wege kamen ihre beiden Kinder ihr entgegen, und als sie sahen, dasz die Mutter etwas trug, fragten sie : Mutter, was trägst du ? und wollten gleich das Kätzchen haben. Aber die mitleidige Frau gab es ihnen nicht, aus Sorge, sie möchten es quälen, sondern sie legte es zu Hause auf weiche, alte Kleider und gab ihm Milch zu trinken. Als das Kätzchen sich gelabt hatte und wieder gesund war, war es mit einem Male fort und verschwunden. — Nach

8. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 11

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
Da fingen einige böse Buben an, die Nester anzunehmen und zu zerstören. Die Vögel wurden dadurch verscheucht und zogen nach und nach ganz aus der Gegend hinweg. Man hörte in den Gärten und auf der Flur kein Vöglein mehr singen. Alles war ganz still und traurig. Die schädlichen Raupen aber, die sonst von den Vögeln weggefangen wurden, nahmen über- hand und fraszen Blätter und Blüten ah. Die Bäume standen kahl da, wie mitten im Winter, und die bösen Buben, die sonst köstliches Obst im Ueberflusse hatten, bekamen nicht einen Apfel mehr zu essen. Nimmst du dem Vogel Nest und Ei, ist’s mit Gesang und Obst vorbei. 20. Das Yogelnest. Franz fand im Garten in einer Hecke ein Vogelnest. Voll Freude lief er zum Vater, holte diesen in den Garten und zeigte ihm seinen Fund. „Sieh nur“, rief der glückliche Knabe, „sieh nur das zarte, weiche Nestchen von Moos und Wolle und darin die drei niedlichen, rothgetüpfelten Eier. Ich möchte diese Eier nehmen und damit spielen. Darf ich wohl, Vater?“ — „Nein, lieber Franz“, antwortete der Vater, „lasz nur die Eier im Neste liegen, du erlebst dann noch mehr Freude! “ — Franz liesz sie liegen, ging aber am andern Tage wieder hin und fand nun gar vier Eier«. Er erzählte dies dem Vater wieder und dieser sagte: „Nun bleibe einmal vierzehn Tage von dem Nestchen weg, dann aber will ich selbst mit dir hingehen! “ — Das geschah, und wie sehr freute sich Franz, als er jetzt mit dem Vater wieder zu dem Nestchen trat und statt der Eier vier kleine, nackte Vögelchen erblickte. Die sperrten die Schnäbel auf, als wollten sie Futter haben. Vater und Sohn traten jetzt auf die Seite. Da kam bald die Mutter der Vögelchen und hatte ein Würmchen im Schnabel, mit dem sie die Kinder fütterte. „Siehst du“, sagte der Vater, „hättest du damals die Eier ausgenommen, so würdest du jetzt diese Freude nicht haben!“ — Täglich ging nun Franz zu seinem Neste, bis die Vögelchen grosz wurden und endlich fortflogen. Im andern Jahre aber kamen die Alten wieder und bauten ihr Nest in dieselbe Hecke.

9. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 70

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
umarmte sie unter Freudenthränen. Bald darauf mußten sie zu ihm ziehen und aßen allezeit mit an seinem Tische, auch wenn er vornehme Gäste hatte. Einst jpottete ein Offizier darüber, daß Bauern bei einem Rittmeister zu Tijche säßen. „Wie, sollte ich nicht die ersten Wohlthäter meines Lebens dankbar achten?" war seine Antwort; „ehe ich des Königs Ritt- meister wurde, war ich ihr Kind." —Der brave General von Ziethen hörte von diesem Vorfalle und bat sich selbst nach einiger Zeit mit mehreren Vornehmen bei dem Rittmeister zu Gaste. Die Eltern des letzteren wünsch- ten diesmal selbst, nicht am Tische zu erscheinen, weil sie sich verlegen fühlen würden. Als man sich setzen wollte, fragte der General: „Aber, Kurzhagen, wo sind Ihre Eltern? Ich denke, sie essen mit Ihnen an einem Tische!" — Der Rittmeister lächelte und wußte nicht sogleich zu antworten. Da stand Ziethen auf und holte die Eltern selbst herbei; sie mußten sich rechts und links an seine Seite setzen, und er unterhielt sich mit ihnen auf's freundlichste. Als mau anfing, Gesundheiten auszubringen, nahm er sein Glas, stand aus und sprach: „Meine Herren, es gilt dem Wohlergehen dieser braven Eltern eines verdienstvollen Sohnes, der es beweist, daß ein dankbarer Sohn mehr werth ist, als ein hochmüthiger Rittmeister." Später fand der General Gelegenheit, dem Könige von der kindlichen Achtung zu erzählen, welche der Rittmeister seinen Eltern erwies, und Fried- rich Ii. freute sich sehr darüber. Als Kurzhagen einst nach Berlin kam, wurde er zur königlichen Tafel gezogen. „Hör' Er, Rittmeister," fragte der König, um seine Gesinnung zu erforschen, „von welchem Hause stammt Er denn eigentlich? Wer sind Seine Eltern?" — „Ew. Majestät," ant- wortete Kurzhagen ohne Verlegenheit, „ich stamme aus einer Bauernhütte, und meine Eltern sind Bauersleute, mit denen ich das Glück theile, wel- ches ich Ew. Majestät verdanke." „So ist's recht!" sagte der König erfreut; „wer seine Eltern achtet, der ist ein ehrenwerther Mann; wer sie gering schätzt, verdient nicht geboren zu sein." — Eph. 6, 2 : Ehre Vater und Mutter, das ist das erste Gebot, das Verheißung hat. 120. Hatto und die Mäuse. (Sage.) Der Erzbischof Hatto von Mainz war ein harter gottloser Mann, der nur selber Schätze sammeln wollte, aber dem armen Volke nichts gönnte. Einst kam eine große Theurung über das Land, und das Volk hatte nichts zu essen, nicht einmal schwarzes trockenes Brot. Aber der Erzbischof hatte noch alle Speicher voll Korn und Weizen. Wäre er nun ein guter Christ gewesen, so hätte er die Armen umsonst gespeist, und hätte den übrigen sein Getreide um einen billigen Preis verkauft. Das that er aber nicht, sondern wer nicht den höchsten Preis bezahlen konnte, der bekam nichts und wurde mit harten Worten von seinen Dienern abgewiesen. Ja, als endlich

10. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 75

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
Menschen vorübergeht, wenn er eine Leiche sieht, lind er blieb mit dein Hut in den Händen andächtig stehen, bis alles vorüber war. Doch machte er sich an den letzten vom Zug, der eben in der Stille ausrechnete, was er an seiner Baumwolle gewinnen könnte, wenn der Centner um zehn Gulden aufschlüge, ergriff ihn sachte am Mantel und bat ihn treuherzig um Ent- schuldigung. „Das muß wohl auch ein guter Freund von Euch gewesen sein," sagte er, „dem das Glöcklein läutet, daß Ihr so betrübt und nach- denklich mitgeht." „Kannitverstan!" war die Antwort. Da fielen un- serm guten Tuttlinger ein Paar große Thränen aus den Angen, und cs ward ihm auf einmal schwer und wieder leicht uin's Herz. „Armer Kan- nitverstan!" rief er aus, „was hast du nun von allem deinem Reichthum? Was ich einst von meiner Armuth auch bekomme: ein Todtenkleid und ein Leichentuch und von allen deinen schönen Blumen vielleicht einen Rosmarin auf die kalte Brust oder eine Raute." Mit diesen Gedanken begleitete er die Leiche, als wenn er dazu gehörte, bis an's Grab, sah den vermeinten Herrn Kannitverstan hinabsenken in seine Ruhestätte und ward von der holländischen Leichenpredigt, von der er kein Wort verstand, mehr gerübrt, als von mancher deutschen, auf die er nicht Acht gab. Endlich ging er leichten Herzens mit den andern wieder fort, verzehrte in einer Herberge, wo man deutsch verstand, mit gutem Appetit ein Stück Limburger Käse, und wenn es ihm einmal wieder schwer fallen wollte, daß so viele Leute in der Welt so reich seien, und er so arm, so dachte er nur an den Herrn Kannitverstan in Amsterdam, an sein großes Haus, an sein reiches Schiff und an sein enges Grab. 124. Drei Räthsel. 1. Sonst regnet's naß in's trockne Land; 2. Gewandte Finger, guter Wind jedoch ans einem Faste, sind Dinge, die mir nöthig sind; da regnet, nimmst du's in die dann spitz' den Mund und nimm Hand, mich vor — stets Trocknes in das Nasse. bald spitzen andere das Ohr. 3. Wer kann das rathen? der sag's geschwind: es ist meiner guten Eltern Kind, doch ist es nicht der Bruder mein, auch nicht mein liebes Schwesterlein. In aller Welt, wer mag das sein? 125. König und Kind. Der König Friedrich Wilhelm Iv. von Preuszen war einst auf der Reise. In einem Dorfe wurde er festlich empfangen. Die Schulkinder mit ihrem Lehrer begrüszten ihn, und ein kleines Mäd- chen sagte ihm ein Gedicht her, worüber er sich sehr freute. „Du hast deine Sache schön gemacht, mein Kind“, sagte der hohe, freund-
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